Davina Andrea Deplazes ist die jüngste Künstlerin, die den Preis “Solo” erhalten hat

Davina Andrea Deplazes ist die jüngste Künstlerin, die den Preis “Solo” erhalten hat. Die Künstlerin aus Surrein kann ihre Werke bis zum 16. Februar im Kunstmuseum in Luzern ausstellen. Die FMR hat die Ausstellung besucht, die eine riesige Nuss zeigt – und hat mit der Kuratorin gesprochen.

Claudia Cadruvi/FMR

Der Raum hat etwas Göttliches. Vielleicht ist es die dunkle Graufarbe der Wände, vielleicht die beiden Marmorreliefs, vielleicht die mysteriöse Skulptur, die von der Decke herab hängt. Die drei grossen Objekte und eine Serie kleinerer Steintafeln schaffen eine entspannte Stimmung.

Davina Andrea Deplazes (25) konnte die Werke eigens für die Ausstellung im Kunstmuseum in Luzern schaffen. Sie hat nämlich den Preis “Solo” erhalten, der jedes Jahr an einen Künstler oder eine Künstlerin aus der Zentralschweiz oder mit Wurzeln in der Zentralschweiz vergeben wird.

Kaltes Marmor oder weiche Wolle
Die beiden Marmorreliefs zeigen von Weitem sichtbare Strukturen. Sind es figurative Strukturen? Wenn man sich dem Relief nähert, erkennt man eine bearbeitete Oberfläche – mit sich wiederholenden Mustern. Sie erwecken den Eindruck, dass das Relief gar nicht aus Stein besteht, sondern aus Stoff, aus weicher Wolle, aus etwas Leichtem.

Man möchte mit den Händen tasten, um zu spüren, ob die Reliefs wirklich aus Stein oder aus Stoff sind. In einem Museum ist es aber verboten, die Objekte anzufassen. Die Wunder sind enttarnt. Hat die Künstlerin diesen Effekt bewusst erzielt? Aufklärung gibt ein Blick in eine Mitteilung, die eine weitere Ausstellung der Künstlerin in Luzern beschreibt. “Finezia e direzia” heisst der Surmiran-Titel dieser Ausstellung, die im November und Dezember im “sic! Elephanthaus” zu sehen war. “Finezia und direzia” heisst das Deutsche, was so viel wie “Weichheit und Härte” bedeutet.

Ein Kunstwerk aus Weichheit und Härte
Zurück im Raum des Kunstmuseums in Luzern: Das Hauptobjekt stellt noch mehr Fragen als die beiden Reliefs. Eine Aluminiumskulptur hängt von der Decke herab. Aus dem Aluminium ragen wogende Glasgebilde heraus. Die Skulptur drückt eine Kraft aus, die den Raum beherrscht. Ist es eine abstrakte oder eine figurative Skulptur?

Sie sei inspiriert von einem Baum mit drei Nussbäumen, steht in der Museumsbeschreibung. Die Früchte seien aber keine Nüsse, sondern nach der Form von Kleidungsstücken oder Stoffen geformtes Glas. “Scorsas” heisst das Werk.

Nüsse und Tschenderletga
Die Eröffnung der Ausstellung wurde von Susanne Gerber mit einer Laudatio begleitet. Die Kuratorin des Kunstmuseums in Luzern gab einige Hinweise, wie man das Werk verstehen kann. Aus der Archäologie sei bekannt, dass Menschen schon in prähistorischer Zeit Nüsse gegessen hätten, erklärte Susanne Gerber in ihrer Laudatio. Nüsse seien von jeher ein symbolträchtiges Obst – für die alten keltischen Druiden ein Symbol für Weisheit. In der Tschenderletga-Szene machen die drei Nüsse möglich, dass die Protagonistin sich als Mann verkleiden kann. Die Nuss von Davina Andrea Deplazes erinnere an all diese Elemente und spieglele die Funktion der Vergangenheit, als Verkleidungs- und Versteckungsmöglichkeit, kritisch wider, so Susanne Gerber: “Aus den harten, aus Aluminium gegossenen Nüssen wachsen Glasfrüchte wie flüssige Identitäten, die einen Weg aus der starren Vergangenheit suchen.”

“Sehr mutige Künstlerin”
Die Kuratorin hat die Arbeit von Davina Andrea Deplazes für diese Ausstellung begleitet und ist begeistert: “Sie ist eine sehr mutige Künstlerin. Sie hat den Mut, sich auf Techniken einzulassen oder Materialien auszuwählen, bei denen der Lernprozess enorm gross ist.” Anderenfalls würden sich junge Künstler oft auf traditionelle Techniken beschränken und sich davor scheuen, mit grossem und schwerem Material zu arbeiten. Davina Andrea Deplazes habe gelernt, Aluminium zu giessen, Glas zu blasen und habe keine Angst davor, Marmor zu bearbeiten. “Sie hat das Bedürfnis, alles auszuprobieren”, sagt Susanne Gerber.

Mit dem Preis “Solo” bietet das Kunstmuseum in Luzern jährlich einem Künstler oder einer Künstlerin eine Einzelausstellung mit Begleitung und Beratung während des gesamten Prozesses der Erstellung der Werke an. Ziel sei es, dass Künstler oder Künstlerinnen lernen, wie man sich auf eine Ausstellung vorbereitet, Werbung macht, Sponsoren findet und die Objekte ausstellt, so Susanne Gerber. Die Kuratorin hat Davina Andrea Deplazes durch diesen Prozess begleitet und ist beeindruckt: “Sie ist die jüngste Preisträgerin, die diesen Preis bisher erhalten hat. Und ganz ehrlich, ich hätte sie einfach alleine arbeiten lassen können und es hätte funktioniert.”

* Die Ausstellung “Solo” dauert noch bis zum 16. Februar im Kunstmuseum in Luzern neben dem Hauptbahnhof an. Die Werke sind zu kaufen.

Künstlerin aus Surrein macht Karriere
Sie ist 25 Jahre alt und hat bereits sieben Einzelausstellungen realisiert. Für die aktuelle Ausstellung mit eigenem Raum im Kunstmuseum in Luzern hat sie drei grosse Objekte und eine Serie kleinerer Steintafeln erstellt. Davina Andrea Deplazes ist in Surrein aufgewachsen. Sie hat in Chur die zweisprachige Matura gemacht. 2023 hat sie ihr Studium der Kunst in Zürich und Luzern mit dem Bachelor of Arts in Produktdesign abgeschlossen. Während des Studiums hat sie noch Praktika in der “Kunstgiesserei” in St. Gallen oder beim “Glassworks Studio” in Berlin absolviert. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Luzern. (fmr/vi)